Europäischer Pfadfinderbund – Georgsritter

Herbstlager Brexbachtal 1991

Impressionen vom Herbstlager Brexbachtal 1991

Es war am Morgen des 11. Oktober 1991 in einem kleinen Frankfurter Vorort. Zahlreiche, nervöse Gestalten huschten um mehrere, eilig geparkte Kraftfahrzeuge, die auf einem fast leeren Parkplatz vor einem Bürgerhaus standen. Hektisch wurden Stoffsäcke in mehrere Kraftfahrzeuge verstaut, schwarze gestalten, die vorher noch unruhig im Nieselregen standen, schlugen wieselflink die Türen von gut beladenen Kraftfahrzeugen zu …..

 

Kaum war der Klang von zugeworfenen Türen verhallt, heulten die Motoren, waren erste Reifengeräusche zu hören und der Parkplatz war wieder fast leer, so wie er vor diesem Treiben vorgefunden wurde…..

 

Bremsen quietschten, das Motorengeräusch verhallte in dem tiefen, engen Tal, Türen wurden aufgerissen und wie ein Schwarm Mücken zog es die schwarzen Gestalten in die Kälte dieses Herbsttages….

 

Im Laufe des Tages hatten sich schnell einige schwarze Stoffetzen zu merkwürdigen Pyramiden zusammengefunden und trotz des aufkommenden Regens hallten merkwürdige Rufe durch das Tal, Holz landete nach einem kurzen Flug auf einem Haufen und bald fand sich auch eine Feuerstelle ein, die in stoischer Gelassenheit den Feuerversuchen einiger schwarzer Gestalten widerstand…..

 

Ein Ruf drang plötzlich durch die vom Regen durchdrängte Luft, von den Felswänden widerhallend auf eine Wiese, nachfolgend von Blechgeklapper und sonstigen Lauten überlagert wurde und endete mit einem köstlich, aromatischen Geruch, der aus zahlreichen Blechschüsseln im Tal verflog…..

 

Alte abgelagerte Baustämme erhoben sich mit bunten Stoffetzen oder brachen unter der Last der Jahre, nachdem einige schwarze Gestalten ihre Last dort abluden und verschwanden zu Asche und Rauch….

 

Es tauschten sich runde Blechstücke urplötzlich gegen weiche, süßlich riechende, besonders verderbliche Stücke oder fielen durch einen Spalt, unwiederbringlich mit der Zeit, um der Entfernung ihre Strecke zu nehmen…

 

Und eine feuchte Kälte fiel von den Bergen in das Tal, auf Baumstämme und zerkleinertes Holz, drang durch alle Ritzen und landete schließlich auf müde Schatten, die verzweifelt nach Ruhe und Wärme suchten…..

 

Gegen Morgen war das Tal von grauen Nebelschwaden durchdrungen, müde Knochen erhoben sich, gepeinigt von der Kälte und selbst ein Streichholz, mit dem verzweifelt Versuche unternommen wurden, schwere, dicke Balken in ein wärmendes Feuer zu verwandeln, versagte auf Grund der ungeduldigen, oft müden zitterigen Knochen…

 

Doch von Ferne fielen erschöpfte Blicke in das Tal, heiterten es auf und gesellten sich dazu…

 

Zu Müde war das Holz, um sich anzünden zu lassen und selbst der wärmende Gesang vermochte manche Glieder nicht zu Wärmen, denn es war kälter geworden und gegen Abend verschwanden viele Vögel in ihre wärmenden Nester….

 

Sonnenstrahlen erblickten das Tal, ohne auch nur die müde hängenden bunten Stoffetzen zu trocknen. Doch in jenen Tagen vollzog sich etwas merkwürdiges:

Urplötzlich verschwanden die Stimmen aus dem Tal und nur noch das monotone Plätschern des Flüßchens, einige gequälte Vogelschreie, sowie das quieken von wohlgenährten Ratten hallte von den Felsen wider….

 

Die Sonne hatte vor dem Tal halt gemacht, erwärmte nun die frierenden Stimmen, die das Ende des Tales fröhlich erreicht hatten und ließ diese zum ersten Mal schwitzen. Denn es verloren sich die Stimmen in einem mannigfaltigen Gewirr von Schmetterlingen, Vögeln und manch anderem fremdartigem Getier, welches sich oft genug auf manch kühler Nase auszuruhen versuchte…..

 

Turmuhren schlugen den inzwischen aufgetauten Knochen entgegen, dumpfes Krachen der Mechanik zum Trotz, von der Burg gut bewacht, begleitet von einer Herde Damwild zog es die schwarzen Gestalten an einer alten Mühle vorbei, zu einem Platz für Gäste, gönnten sich etwas Warmes oder Kühles und tippelten lustig in den kühlen Grund des Tales zurück, dort wo man am Morgen von der Kälte vertrieben wurde….

 

Drei Gestalten, noch nicht müde, zog es in die ferne Stadt am Rhein. Mag dort der Besitzer leben, krank im Bette sein. Doch sie trafen zum Erstaunen, weder Leid noch Kranken an und sie zogen weiter, suchten nach dem guten Mann. Suchten in der guten Stube, wo die Frau uns weiter ließ – zu dem Tale oben, sei ihr Mann gewiß. Doch nun endlich fanden wir uns wieder, in des Tales Grund, sahen den Besitzer stehen, verwundert – war er doch gesund….

 

Lustig brodelte dort der Tschai im Hortentopf, verbreitete sein süßliches Aroma über den ganzen Lagerlatz und lud die müden Knochen zum singen und lachen eine, denn der Abend wurde zur Feier, nicht nur weil ein Knochen Jahrestag hatte, sondern weil der Kälte ein Schnippchen geschlagen wurde….

 

Regen, Regen, nichts als Regen, dröhnte aus den, von der Nässe schweren Stoffen, die sehr traurig, lustlos hingen…..

 

Knisternd sprühte die Glut empor, erwärmte den Abendhimmel, singend wärmten sich Gestalten an dem Feuer….

 

So verließen uns wieder die müden Gesichter, manchmal traurig, wie jeder Abschied und zogen nach Süden….

 

Am Abend spiegelten sich nervöse Gestalten im hellem Fackelschein wider, deren Züge vom Wind und Regen gegerbt und schon längst mit ihren Gedanken an einem warmen, trockenen Ort waren….

 

Ein sonniger, windiger Tag lachte den müden Knochen entgegen, als das Tal nach Koblenz hin verlassen wurde. Steigungen wurden genommen, um der Wärme willen, die auf dem Felsen oben mit eisigen Winden und Regen die Gestalten begrüßte. Warm war es dort droben, in den Räumen gefüllt mit Blech, Holz und Keramik. So wärmten sich selbst die Schatten am Neonlicht, um dann wieder der Kälte zu begegnen…..

 

Von den Felswänden hallte am letzten Tag ein munteres Gewirr von stimmen, die Türen schlugen auf und zu, Motoren heulten auf und mit Reifenspuren ließen die schwarzen Gestalten das Tal zurück, auf das sie es wiederfinden mögen…..                     masa

 

Quelle: Kohtenblatt 1/91